Es geht um den Würstelstand

Das neue Pfandgesetz soll Österreich nachhaltiger machen und die Recyclingquote steigern. Während die großen Supermärkte ihre Automaten vorbereiten und sich auf die Umstellung einstellen, stehen die Würstelstände vor Herausforderungen, die bisher wenig Beachtung fanden. Es geht nicht um Widerstand gegen das Gesetz selbst – es ist die Sorge, wie es im Alltag tatsächlich umgesetzt werden kann, ohne die kleinen Wiener Kulturbetriebe an ihre Grenzen zu bringen.

Ein neues Pfandgesetz für mehr Nachhaltigkeit
Das neue Flaschenpfandgesetz kommt – und zwar mit einer klaren Mission: Die Recyclingquote soll bis 2029 auf 90 % steigen. Aktuell schafft Österreich nur etwa 70 %, da ist also noch Luft nach oben. Und da eine höhere Recyclingquote für Österreich geringere Plastiksteuerzahlungen an die EU zur Folge hätte, erscheint das Vorhaben zunächst als vorteilhafte Lösung für alle Beteiligten. Ab 2025 soll zudem der Anteil von recyceltem Kunststoff – sogenannten Rezyklaten – in PET-Flaschen bei mindestens 25 % liegen – ein Ziel, das sich nur dann erreichen lässt, wenn die Flaschen ordentlich getrennt gesammelt werden. Mit dem neuen Pfandsystem soll genau das gewährleistet werden. Klingt doch gut, oder?

Die Supermärkte sind schon bereit – aber was machen die Würstelstände?
Der Handel ist in Aufbruchstimmung: Automaten für die Pfandrücknahme werden umgerüstet, Pfandsymbole gedruckt, erste Vorbereitungen laufen. Für die Etikettierung gilt ab 2025 eine Übergangsphase, da viele Getränke eine lange Haltbarkeit haben. Es wird also auch nach der Einführung noch Flaschen ohne Pfandsymbol geben, für die dann logischerweise auch kein Pfand erhoben wird. So weit, so unproblematisch. Aber eine Gruppe von Wiener Originalen steht jetzt vor einem echten Dilemma: Die Würstelstandler. Sie wissen einfach nicht, wie sie das in der Praxis umsetzen sollen.

Lagerplatz: Ein Problem, das jeder Standler kennt
Es ist nicht nur die schiere Menge an Flaschen. Es ist auch die Unsicherheit: Säcke, die draußen gelagert werden, könnten gestohlen werden. Und das bedeutet, dass jemand anderes diese Flaschen wieder irgendwo abgeben könnte, um das Pfand ein zweites Mal einzukassieren. Für die Betreiber der Würstelstände bedeutet das ein Sicherheitsrisiko – und einen echten Albtraum. Ein Stand, der von Plastik überquillt, ist weder für die Betreiber noch für die Gäste ein schöner Anblick.

René Kachlir, Betreiber des Würstelstands „Zum scharfen René“ und Vorsitzender des Vereins der Wiener Würstelstände, setzt sich für Erleichterungen für kleine Geschäfte ein. Bild: ©Alexandra Folwarski

Kleine Stände, große Sorgen
Das Problem ist schlichtweg der Platz – oder eher: der fehlende Platz. Denn was soll man als Betreiber eines kleinen Würstelstands mit bis zu 450 leeren Flaschen machen? Genau das wird nämlich erwartet: Die unzerdückten Flaschen sollen in drei großen Säcken zu je 150 Stück gesammelt werden. Erst wenn diese Säcke voll sind, können sie abgeholt werden. Das bedeutet, dass ein kleiner Stand plötzlich Lagerkapazitäten für eine wahre Plastikflut bereitstellen muss. „Die Säcke könnten wir dann wohl draußen lagern“, sagt René Kachlir, Betreiber des Würstelstands „Zum scharfen René“ und Vorsitzender des Vereins der Wiener Würstelstände. Das bringe aber wieder ganz eigene Probleme mit sich: Was, wenn jemand die Flaschen herausnimmt und woanders oder sogar beim gleichen Stand ein zweites Mal abgibt? Die neue Regelung sorgt bei den Standlern also für echte Bauchschmerzen.

Geldprobleme kommen obendrauf
Es ist ja nicht nur der Platz. Auch die finanziellen Details sorgen für Frust: Das Pfandgeld gibt es erst nach 14 Tagen zurück. Und das auch erst, wenn die Säcke abgeholt wurden. Für die Betreiber*innen bedeutet das: Erstmal in Vorleistung gehen, warten, bis die Säcke voll sind, dann auf die Abholung warten, und schließlich nochmal zwei Wochen ausharren, bis das Geld zurückkommt. Gerade für die kleineren Stände, die mit knappen Margen arbeiten, ist das schwierig.

Lösungsansätze? Mehr Abholung, weniger Pfandpflicht
Die Würstelstandler haben sich inzwischen an die Politik gewandt. Der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband Wien (SWV) hat klare Forderungen gestellt und eine Petition gestartet: Die Rücknahmepflicht soll für Betriebe mit weniger als 25 Quadratmetern Verkaufsfläche komplett entfallen. Es gibt noch weitere Ideen, um die Situation zu verbessern: Die Abholfrequenz könnte erhöht werden, oder die Anzahl der Flaschen, die gesammelt werden müssen, bevor eine Abholung stattfindet, reduziert werden.

Auf der Webseite des BMK ist derzeit noch zu lesen, dass das Pfandgesetz für alle getränkeartien mit ausnahme von Milch gilt und damit die Rücknahmepflicht für alle Betriebe besteht, die Getränke verkaufen. Weiter jedoch steht drin, dass es für kleine Geschäfte ohne Automaten Erleichterungen geben soll. Welche es sind, verrät der Text nicht.

© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Und was können wir tun, solange die Politik noch diskutiert?
Während im Ministerium weiter nach einer Lösung gesucht wird, können wir als Wienerinnen und Wiener unseren Teil dazu beitragen: Zum einen den Weg zum Supermarktautomaten suchen oder aber das Leergut an Menschen weitergeben, die mit dem Pfandgeld etwas anfangen können. In anderen Ländern gibt es sogar spezielle Halterungen an den Mistkübeln für genau diesen Zweck. Vielleicht wäre das ja auch was für die MA48 in Wien?

Klicke hier, um mehr über unsere Quellen und Informationen zur Recherche zu erfahren

Information zum Flaschenpfandgesetz: Bundesministerium für Klimaschutz (BMK)

BMK Pressemitteilung 2023

ORF Beitrag auf der Seite des SWV Wien

OTS Meldung vom SWV Wien: Forderung an Bundesministerin Leonore Gewessler

Erleichterungen für kleine Geschäfte: Information auf der Seite des BMK

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