Von der Bruchbude zur zweitgrößten Brauerei in Ottakring

Als Roland Schalken 2014 mit einem Anfängerset begann, privat Bier zu brauen, ahnte er wohl noch nicht, wohin ihn diese Experimente führen sollten: Heute betreibt er zusammen mit seiner Partnerin Anna Haider eine eigene Brauerei.

Text: Johannes Lau Bilder: ©Ottakringer Flaneur

„Es ist die zweitgrößte Brauerei des Bezirks“, sagt Schalken mit einem Augenzwinkern im Blick auf den großen Mitbewerber am Ottakringer Platz. „Nachdem ich zuhause das erste Bier gebraut habe, ist das sehr schnell recht obsessiv geworden.“ Alle ein bis zwei Wochen war sein 25-Liter-Brautopf in Betrieb. „Man gibt Freunden, Verwandten, Bekannten seine Biere und trinkt sie natürlich auch selbst“, lacht Schalken. Die Resonanz war offenbar so gut, dass er das Potential sah, damit auch Geld zu verdienen. Eigentlich hat der 30-Jährige Jazzklavier studiert und sogar bis zum letzten Jahr noch einen Tag in der Woche in einer Musikschule gearbeitet. „Die Bürokratie und das Beamtentum haben mich aber so angezipft, dass der endgültige Wechsel in die Selbstständigkeit für mich das Beste war. Ich fülle zwar jetzt vermutlich genauso viele Formulare wie als Lehrer aus. Aber hier weiß ich eher, wofür ich das mache.“

Nächster Halt: Ölhafen

Dass man es als Selbstständiger aber auch nicht leicht hat, merkte er von Anfang an, als Ende 2016 die Räumlichkeiten in der Neulerchenfeldergasse 57 angemietet wurden: „Die Hütte stand vorher zwölf Jahre leer und war eine einzige Bruchbude.“ Nach einem Jahr Renovierung ging noch 2018 eine selbstgebaute Anlage mit zwei Gärtanks in Betrieb, die im Winter 2019 von einer 500-Liter-Maschine abgelöst wurde. Damit ist der Platz jetzt vollständig ausgeschöpft: „Mehr geht hier nicht.“ Deshalb will der junge Bierkreateur nun mit seiner Produktionsstätte in den Ölhafen in der Lobau übersiedeln. Dem 16. Bezirk bleibt die Braumanufaktur Schalken aber dennoch erhalten: Der immer samstags geöffnete Verkaufsstand auf dem Brunnenmarkt sowie der firmeneigene Shop am jetzigen Standort werden weiterhin betrieben.

©OttakringerFlaneur

Geschliffener Raum

Gewerbliche Flächen seien hier schließlich nicht so leicht zu finden: „Es gibt zwar welche in Ottakring, die brauchbar sind. Aber kaum macht man einen Grundbuchauszug, siehst du: In den nächsten Jahren wird das geschliffen und dann entsteht daraus Wohnraum. Produktion in der Stadt hört sich zwar gut an und die Politik redet immer davon. Aber eigentlich möchte man das nicht im urbanen Gebiet, sondern möglichst am Stadtrand haben“, moniert der gebürtige Niederösterreicher. Eine weitere Schwierigkeit sei es für eine kleine Brauerei wie seine, das Produkt an die Frau und den Mann in der Gastronomie zu bringen, weil hierzulande vor allem die größeren Braukonzerne mit entsprechenden Verträgen das Geschäft dominieren. Daher ist es für kleine Braubetriebe wie Schalken nicht leicht, einen Fuß in die Wirtshaustür zu bekommen.

Craft Beer? Regionalbier!

Auch wenn es naheliegt Schalkens Produktion als „Craft Beer“ zu bezeichnen, möchte er die Vokabel aber ungern in den Mund nehmen: „Der Begriff ist schon ziemlich ausgelutscht. „Craft“ steht eigentlich für handwerklich gebrautes Bier. Wenn jetzt auch die großen Brauereien sagen, dass sie Craft Beer haben, ist die Frage: Wo hört das Handwerk auf?“ Zudem schrecke der Begriff seiner Meinung sogar viele Menschen ab, weil sie denken, dass der Ausdruck für experimentelle Biere steht, die merkwürdig schmecken. Darum setze er bei der Vermarktung eher darauf, zu betonen, dass seine Braumanufaktur unabhängige und regionale Produkte anbietet. Und dabei helfe vor allem der direkte Kundenkontakt wie etwa auf dem Yppenplatz: „Wenn die Kunden den Braumeister hinter dem Bier auch persönlich kennen, schafft das ein Wir-Gefühl.“ Na dann: Prost!

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